Gabelracke

        Reisebericht Äthiopien 2011

                Uta und Lutz Schmechta

Glanzstar
Nimmersatt

Simienwolf

30. April 2011

Eine Kriche mit Schleife

Nach einer unruhigen Nacht auf wogenden Matratzen bricht der letzte Tag in Äthiopien an. Abends bzw. nachts wird unser Flugzeug vom Bole International Airport abheben. Doch bis dahin nutzen wir die Zeit, um bei einem weiteren Fischmarkt vorbeizuschauen. Vielleicht heißt der Ort auch nur Fischmarkt, Fischer sehen wir keine. Dafür aber Reiher, Marabus und Nimmersattstörche. Schreiseeadler schweben ein und fliegen Schleifen, um sich einen Überblick über das Angebot an Fischen zu verschaffen. Marabus und Hammerköpfe suchen nebenan nach Fischresten. Seerosen blühen auf den Teichen, ein Steg, führt auf Stelzen durchs Schilf zum See. Kühe waten durch das Wasser. Am See liegen einige umgedrehte Fischerboote.

Boot
Bild [15.2] Fischerboot

Schon jetzt steht die Sonne hoch am Himmel und verleiht der Wasseroberfläche des Lake Langano einen flimmernden Charakter, einzelne Boote draußen scheinen auf Luftkissen über den See zu schweben. Dann kommen unsere Autos, die uns hier abgesetzt hatten, vom Tankstopp zurück und weiter geht es Richtung Addis Abeba, immer wieder stoppen wir bei kleineren Seen, die Reihern und Hammerköpfen Rastplatz bieten, laut Kranichmonitoring (www. Kraniche.de ) ist im Winter hier auch ein  Kranichrastplatz. Diese Systeme sind allerdings stark gefährdet, einen möglichen Grund warum, sehen wir einige Kilometer weiter.

Kilometerlang erstrecken sich rechts und links der Straße nach Debre Zeyt Gewächshäuser, die mit Plastikplanen in gleißendem Weiß abgedeckt sind. In ihnen wachsen Blumen, vor allem Rosen, für den Export. Diese Branche hat Äthiopien entdeckt als billiges Anbauland. Etliche der angrenzenden Feuchtbiotope sind bereits ausgetrocknet und auch die einheimische Landwirtschaft – ihre Erzeugnisse sehen wir am Straßenrand – hat zu kämpfen.

Reifenpanne
Bild [15.4] Reifenpanne

 


Die erste und einzige Reifenpanne erleben wir kurz vor Addis, mitten im fließenden Feierabendverkehr. Während vorne am Pannenauto rasch und routiniert das defekte Rad ausgetauscht wird und wir im Auto sitzenbleiben, läuft das Radio und plötzlich wird auf Englisch vom Ja-Wort von William und Kate berichtet. Das Ja kommt original über den Äther, dann folgt wieder äthiopische Musik. Wir schlängeln uns durch den Hauptstadtverkehr, von allen Seiten strömen Eselskarawanen, Kutschen, Minibusse, Tuctucs, Laster und Fußgänger auf die Kreuzungen, der Verkehr flutet und kreist, fließt und stockt. Und wir treiben mittendrin.  

Der Verkehrsstrom trägt uns zu einer Insel, dem Park und Kirchengelände der St.Georgs-Kathedrale. Zu Ehren des Kirchenheiligen ist die Rundkirche mit Schleifen und Bändern in den äthiopischen Landesfarben rundum eingewickelt. Einzelne Gläubige berühren die Kirchentüren und die Treppen davor, küssen sie. Der Kirchenpark ist voller Leute und auch ein Ochsen sind – als Spendentiere für das Kirchenfest am nächsten Tag – an einem Baum angebunden. Wir werden herzlich von Archidiakon Mebratu begrüßt. Er führt uns, nachdem wir unsere Schuhe ausgezogen haben, in die Kirche, die mit weichen Teppichen ausgelegt ist. Wir bekommen eine Einführung in Geschichte und Gepflogenheiten der äthiopisch-koptischen Kirche.

Kirche
Bild [15.6] St. Georgs Kirche

Wir erfahren, dass die Kinder und Jugendlichen damit vertraut gemacht werden, die Kirchengesänge zu begleiten. Scherzhaft meint er, dass wir unbedingt wieder kommen und dann auch erst einmal die Felsenkirchen von Axxum, Gondar und Lalibela besuchen sollten, bevor wir wieder „Vögel gucken“. Trotzdem schenkt er uns zum Abschied etliche Broschüren zur heimischen Säugetier- und Vogelwelt. So auch die, aus der wir vom äthiopischen Wolf zitiert haben.
Unsere Fahrt zum Union Hotel legen wir bei Regen zurück, die teilweise italienisch anmutenden Bauwerke des Gerichts, diverser Kliniken und die weitläufige St.Georgs Brauerei ziehen an uns vorbei. Im Hotel dann kommt der Abschied von Abiy und seinen Kollegen, ein ausdrückliches Dankeschön, das sich nicht in Worten beschränken kann, weil sie uns als Botschafter ihres Landes in großartiger Weise geführt und durchgeleitet haben.

Der Abend und die Nacht bringen uns dann zuerst in ein äthiopisches Spezialitätenrestaurant mit Live-Musik und zum Flughafen, wo uns ein Beschäftigungsprogramm mit Formularausfüllen und Schlangestehen die Zeit bis zum Abflug verkürzt. Und dann rollt unser Airbus über die nächtliche Rollbahn, verhält mit vibrierenden Triebwerken, es sind die letzten paar Sekunden auf äthiopischem Boden, bevor das Flugzeug abhebt und mit einem Kraft und Energieschub alles aufwendet, um die notwendige Flughöhe zu bekommen. Denn die Berge um Addis Abbeba sind hoch. Wir ziehen eine Schleife über der Stadt, unten liegen die schwach beleuchteten Boulevards und Ausfallstraßen und die eine oder andere Siedlung mit Rundhütten. Das Flugzeug hat etwas mit den Windströmungen zu kämpfen, jedenfalls rüttelt es kräftig und wir sollen angeschnallt bleiben. Schon bald am Morgen liegt unter uns das Mittelmeer mit kleinen Inseln im Morgenlicht. Istanbul ist unser Morgenfitnesstraining auf den Laufbändern zum nächsten Gate. 10 Minuten bleiben uns, ein Mitarbeiter mit Walkietalkie eilt uns voraus. Sogar unser Gepäck schafft es noch.

                weiterlesen